Z8 - (U88xx) - Einkartenrechner
Vorwort
Einchipmikrorechner
EPROM-Emulator
Alternative
Vorwort
Im Rahmen der neuen Aufgabenstellung im neuen Arbeitsumfeld - "VEB Ingenieurbüro für Geflügelwirtschaft" (IBG), d.h. einem der F&E-Bereiche des Kombinates Industrielle Mast - sollte PS gemäß den Parteitags-Direktiven mithelfen die Mikroelektronik in der Landwirtschaft einzuführen.
Einerseits war PS dort der "Einäugige unter den Blinden" und konnte somit schalten und walten, wie er es auf seinem Arbeitsgebiet für notwendig erachtete. Anderenseits waren die Ausgangsbedingungen alles andere als optimal. Als PS im Januar 1988 im IBG anfing, war außer einem kleinen Schreibtisch und ein Stuhl davor nichts vorhanden. Der Arbeitsplatz befand sich in einem größeren Konstruktionssaal mit einer Reihe von Zeichenbrettern neben den dazugehörenden Schreibtischen und ebenso vielen Konstrukteur-en/innen.
Diese beäugten neugierig den "Neuen" und das, was er dann tat.
Da die Aufgabenstellung nur nebulös und im Detail noch völlig unklar war, schrieb PS als erstes eine Konzeption über die Einführung moderner mikroelektronischer Systeme in den verschiedenen Bereichen der Tierproduktion. Das Schreiben von Konzeptionen hatte er in seiner langjährigen Tatigkeit im VEB Elektronikhandel (später Applikationszentrum Elektronik) Berlin gelernt.
Es stellte sich nun heraus, dass auch in anderen Entwicklungsbetrieben, so z.B. in
- Altlandsberg bei Berlin
- Potsdam und
- Dummersdorf (in der Nähe von Rostock)
an Entwicklungen mit mikroelektronischer Basis gearbeitet wurde.
So lag es nahe, alle die im Kombinatsbereich angefangenen Arbeiten zusammen zu fassen und zukünftig ein einheitliches System zu entwickeln - das "Mikrorechner-System der Landwirtschaft" (MSL).
Da anfängliche Versuche mit handelsüblichen Steckkarten-Systemen, wie z.B. K1520, oder das NANOS-System insbesondere aus Zuverlässigkeitsgründen unter den besonderen Umweltbedingungen in Tierställen nicht den gewünschten Erfolg brachten, wurde sich grundsätzlich auf ein eigenes modulares System auf der Basis einer Master-Slave-Konfiguration mit bildschirmorientierten Steuerungs- und Überwachungs-Computern, sowie entsprechend gekapselter Steuerungs-Computern im Feldeinsatz geeinigt. Das hatte außerdem den Vorteil sehr flexibel auf die sich ständig erneuernde Bauelemente-Basis eingehen zu können.
Das modulare System bezog sich dabei mehr auf die Konfiguration der Gesamtanordnung.
Für den Master-Bereich, d.h. der Bedienung und Überwachung sollten je nach betrieblichen Möglichkeiten die verschiedenen bildschirmgestützten 8-Bit-Computersysteme für den Betrieb im Büro zum Einsatz kommen - so z.B. BC5120, PC1715, MC80 und KC85. Aber auch die teilweise schon zur Verfügung stehende 16-Bit-Rechentechnik sollte mit einbezogen werden.
Im IBG stand dann ein KC85/3 ohne Bildschirm und weiterer Peripherie zur Verfügung - siehe weiteres dazu .
Der Einchipmikrorechner
Da sich die Abstimmungen zum MSL 1988/89 noch hinzogen und außerdem das IBG zum damaligen Zeitpunkt noch keinen wesentlichen Beitrag dazu leisten konnte, hatte sich PS die Aufgabe gestellt - außer den laufenden Arbeiten am SEW - einen universellen Einkartenrechner zu entwickeln, welcher als Feldgerät im Stall einsatzfähig sein sollte. Einkartenrechner deshalb, weil erfahrungsgemäß modulare Steckkarten-Systeme infolge ihrer zahlreichen Steckverbinder unter den rauhen Umweltbedingungen im Stall nicht die erforderliche Zuverlässigkeit erreichten.
Dazu boten sich nun die in der DDR so genannten "Einchipmikrorechner" der Serie U88xx an, die seit ca. 1985 (theoretisch) zur Verfügung standen. Theoretisch deshalb, weil man zwar solche Schaltkreise vom Hersteller VEB Mikroelektronik "Karl-Marx" Erfurt (MEM) beziehen konnte, aber es anfangs noch an Unterstützung seitens des Herstellers an Hardware und Entwicklungs-Software mangelte.
Obwohl bereits frühzeitig in den einschlägigen Fachzeitschriften - wie z.B. "radio fernsehen elektronik", "Mikroprozessortechnik" - einiges zum Thema EMR veröffentlicht wurde, fehlte doch ein umfassendes Lehrbuch. Das kam dann erst 1988/89 unter dem Titel "Einchipmikrorechner" vom VEB Verlag Technik heraus.
PS konnte jedoch einen EMR-Lehrgang besuchen, wo alle wesentlichen Kenntnisse zum Umgang mit dem EMR vermittelt wurden. Nun fehlte es nur noch an geeigneter Hardware und einer verfügbaren Entwicklungsumgebung. Zu letzterem ergab sich jedoch die Gelegenheit einen von der TH Ilmenau an den KC85 angepassten Z8-Editor/Assembler nachzunutzen. Fehlte also nur noch die EMR-Hardware. Auch hier hätte es in Zusammenarbeit mit dem AEB eine Möglichkeit der Eigenentwicklung gegeben, aber 1988/89 stand dann ein universelles EMR-Board von FWE (MEM) zur Verfügung:
Dieses wiederum in Nachnutzung ein wenig angepasst und mit eigener Stromversorung versehen war für erste Versuche auf dem Gebiet der Einchipmikrorechner-Programmierung dann schon recht brauchbar.
Das Lieferung bestand lediglich aus einer unbestückten Leiterplatte, jedoch mit ausreichender Dokumentation, Schaltplänen und Software-Beispielen als Listings . Die Leiterplatte musste erst noch bestückt werden und da die BE-Basis im IBG dieses noch nicht ermöglichte, wurde kurzerhand ein diesbezüglicher Auftrag an den AEB/Labor-Werkstatt ausgereicht. Damit war dann eine kurzfristige Realisierung gegeben.
Die 5V-Stromversorung wurde über das Universal-Netzteil Stromversorgung im SEW vorgenommen (die zwei Bananenstecker).
Der EKR1 sollte in verschiedenen Konfigurations-Varianten - je nach Anwendungszweck - entwickelt werden. Leider ist das System nicht viel über diesen konzeptionellen Status hinausgekommen.
Jedoch wurde bereits eine Bedien- und Anzeigekonsole mit einer 4x4-Folientastatur vom VEB Kontaktbauelemente Luckenwalde und eine 4-stellige 7-Segmentanzeige 2x VQC 24 (WFB) auf einer Lochrasterplatine aufgebaut:
Hier die Schaltung, sowie eine weitere Variante mit der 5x7-Punktanzeige VQC10 mit weiteren Hinweisen.
Auch die Aufbauleiterplatte (I/O-Erweiterung Variante 1) lag schon in der konzeptionellen Phase: Schaltung und auch noch ein erstes Bild dazu.
Damit wurden dann schon verschiedene, selbst geschriebene Testprogramme untersucht.
Alsbald stellte sich jedoch heraus, dass das Verfahren mit EPROM-Brennen - Testen - Editieren - wieder neu EPROM-Brennen sehr uneffektiv war. Ein wesentlicher effektiveres Verfahren sollte dann ein EPROM-Emulators zum Einsatz kommen, mit dem der Maschinencode für den EMR direkt vom Entwicklungsystem geladen werden kann.
Der EPROM-Emulator
In der Literatur, z.B. in der "rfe" wurden zu dieser Zeit auch schon EPROM-Emulatoren in verschiedenster Ausführung und für verschiedenste Host-Computer beschrieben - oft auch als so genannte Nachnutzungsangebote. Um wertvolle Zeit zu sparen, lag es nahe ein geeignetes Nachnutzungsangebot in Anspuch zu nehmen und somit sollte es der EPROM-Emulator der TH Magdeburg sein, welcher in Zusammenarbeit mit dem RFZ Berlin entwickelt wurde. Obwohl die Leiterplattenzeichnungen vorhanden waren, fehlte in den Nachnutzungsunterlagen zunächst leider das Schaltbild und auch das Programm-Listing bestand nur aus ein paar handschriftlichen Blättern. Nach einer Reklamation wurde dann das Schaltbild und das vollständige Listing auf kaum lesbaren Liporello-Ausdruck nachgeliefert.
Es zeigte sich dann jedoch leider, dass das Simulator-Programm nicht direkt mit dem KC85/3 kompatibel war und somit wurde dieser EPROM-Simulator nicht realisiert.
Diese Hindernisse und auch andere negative Randbedingungen ergaben dann schließlich die Entscheidung zum Bau des eigenen Adapter "EPROM-Emulator" im Zusammenhang mit dem Dualport-RAM des SEW.
Erste Codeversuche waren dann schon erfolgreich.
Alternative Entwicklungen
Da die Entwicklung des Gesamtsystems MSL infolge der Einzelkämpferposition von PS im IBG und den langwierigen Abstimmungen mit den anderen Entwicklungsstellen keine kurzfristigen Ergebnisse erwarten ließ, aber dennoch schnell die Möglichkeiten der Mikroelektronik nachgewiesen werden mußten, sollte "mal schnell" eine einfache Steuerung für ein neues Maschinensystem des IBG entworfen werden - hier die im Einsatz erfolgreich getestete Laborschaltung:
Zu einer professionellen Überarbeitung - Leiterplatte, Stromversorgung und Gehäuseinbau - kam es dann leider nicht mehr.
Ebenso sollte "mal schnell" ein Eierzähler entwickelt werden, was vom Prinzip her eigentlich eine einfach zu lösende Aufgabe sein sollte. Nur leider kamen die Eier auf dem Transportband - wo gezählt werden sollte - nicht vereinzelt an. Somit schied eine einfache elektronischen Zählvorichtung mit z.B. Lichtschranken von vorn herein aus. Intelligente, auf bildgebenden Verfahren beruhende elektronische Zähler konnten aber nicht mal "so eben schnell" entwickelt werden.
PS hatte jedoch den Maschinenbauern eine einfache mechanische Vereinzelung der Eier auf dem Band vorgeschlagen, so dass dann ein Mikrorechner-gesteuerter Zähler zum Einsatz hätte kommen können. Hierzu war der Einchipmikrorechner-"Bausatz" vom VEB Massindustrie Werdau (MASSI) vorgesehen:
Leider konnten diese letzten beiden Aktivitäten nicht mehr zu Ende geführt werden.
1990 kam die gesellschaftspolitische Wende in der DDR und damit wurde uns Mikroelektronik-Entwicklern eröffnet, dass fortan nichts mehr zu entwickeln ist, weil man alles ab sofort fertig kaufen kann.
Das Mikroelektronik-Labor im IBG wurde sofort aufgelöst und wenig später der ganze Betrieb abgewickelt. Es blieb nur noch das wunderschöne neue Gebäude übrig, was dann von der ehemaligen Betriebsleitung und nun Geschäftsleitung als Immobilien-Besitz vermarktet wurde.
PS wurde arbeitslos und infolge seines nicht mehr ganz so jungen Alters auch im Westteil von Berlin nicht mehr direkt Job-fündig. Erst mit einer beruflichen Umorientierung einschließlich Umschulung zum "Ingenieur für Versorgungstechnik" (HLS) konnte er wieder Fuß fassen.
Das ist aber eine andere Geschichte ...
Der EKR1 ist 2019 in die Bestände des Elektromuseums Erfurt übergegangen und harrt dort auf Enthusiasten,
die ihm weiterhin "Leben einhauchen" wollen.
Copyright © 2018 by Peter Salomon. Letzte Änderung am 10.01.2018